Gästeseite

Gästeseite Nr. 12
Friede, Freude, Bankenkuchen

Ein Querbeet-Beitrag von Schriftsteller Max Dohner im General-Anzeiger für die Region Brugg und der Rundschau für den Ost-Aargau vom 30. März 2023

Es ist gesund, Tagesärger keine Bedeutung zuzumessen, streife er auch den Wahn-sinn. Aber das sprengte jeden Tagesärger, das war reiner Wahnsinn: Unkontrollierbar Ordinäres setzte das ganze Land in Brand.

Ausgelöst von einem nervösen Tweet-Finger in Australien, beschleunigt durch einen nervenschwachen Plapperi in Arabien, blind getrieben von schlafgestörten Börsen-zockern in Asien, die wie jedes Wochenende vor toten Bildschirmen Nägel kauten, bis die einzig nervenbelebende Game-Show ihres kümmerlichen Daseins Montag früh wieder losging.

Bei den Wurstwaren der Migros überlege ich immer, ob ich Fleischkäse oder Auf-schnitt kaufen soll. Ich überlege gefühlt länger, als es gedauert hatte, die Credit Suisse wie einen faulen Fisch der UBS ins Einkaufswägeli zu schmeissen.

«Der Not gehorchend», hiess es. In Wahrheit vom Wahnsinn getrieben. Die Kapitula-tion nennt man heute Notrecht. Nun wird endlos diskutiert, während in der Stam-pede vor zehn Tagen jede Diskussion ausgeschlossen war. Für «Mitsprache» und «Demokratie» gibts schliesslich einen Extratermin: den 1. August.

Real aber steht der Deal: Die UBS kann machen, was sie will. Ihre Abteilung «Kom-munikation» hält die dickste Sprachbutter bereit, um den Fisch zu salben. Putin be-schönigt mit Wortwolken einen Krieg, Banken ein Gemetzel. Das Parlament stampft mit dem Fuss auf und will eine Sondersession. Mitschwimmen mit den Haien durfte es nicht, aber planschen jetzt und Schaum verspritzen im Hinterhof …

Bald sind Wahlen, soll es täubelen für die Galerie, soll es brav weiterspielen in Demo-kratie. Bestimmt regnet es «Forderungen», Bankern die Boni zu streichen. Ich plädie-re für das Gegenteil: Weitet die Boni aus!

Alle Bürgerinnen und Bürger, die jahraus jahrein nichts zu wünschen haben, als unter den Wurstwaren der Migros zu wählen, alle, die weniger als 200 000 Franken pro Jahr verdienen, werden ein Jahr lang von Steuern befreit. Echter Demokratie-Bonus. Den Ausfall zahlt die UBS. Demokratie-Obolus. Und so – ab 2025 – herrscht wieder Frieden. 

info@maxdohner.ch


Kommentare (1)

Ueli Keller am 02.04.2023 19:18

Vieles, was mir im Leben und in der Politik begegnet, kommt mir vor wie in der Geschichte mit dem Betrunkenen, die Paul Watzlawick 1983 in seinem Buch «Anleitung zum Unglücklichsein» erzählt hat. Diese Geschichte geht so: Unter einer Strassenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Polizist kommt daher, fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: «Meinen Schlüssel.» Nun suchen beide. Schliesslich will der Polizist wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: «Nein, nicht hier, sondern dort hinten – aber dort ist es viel zu finster.»

Frei nach Watzlawick lässt sich beispielsweise die Wahrheit der Milliarden, die der Bank «Credit Suisse» (CS) im Dunkel der Bankenwelt mysteriös und unerklärbar überraschend abhanden gekommen sein sollen, nicht im Lichte von Lügengeschichten finden.

Es wird erzählt, dieser Kollaps wäre ein unglücklicher Zufall: Sozusagen das Ergebnis von Dummen, die nicht verstehen, wie das Banken- und Geldgeschäft weltweit funktioniert. Ist aber nicht vielleicht der Zusammenbruch der CS eine Inszenierung von hochintelligent Gemeinen, die wissen, wie sie auf Kosten der Allgemeinheit zu noch mehr Reichtum kommen können?

Eine andere solche Lügengeschichte im Zusammenhang mit dem Kollaps der CS will der Bevölkerung weis machen, der Bundesrat hätte die Schweiz gerettet. Ist es aber nicht die Welt der Ausbeuter, die weiterhin Bestand haben soll? Und ist es nicht so, dass der Schweizer Bundesrat - und allen voran Frau Karin Keller-Sutter - die Welt der Superreichen gerettet hat? Wurde dafür zuerst die Bank schonend angehalten: Und jetzt werden die Verantwortlichen anhaltend geschont?!

Je grösser Banken sind, wo mega Reiche immer noch reicher werden können, ohne dafür zu arbeiten, umso riesiger können die Löcher werden, die allgemein (gemein von allen?) zu stopfen sind.

Dass mehr als die halbe Welt solchen Lügengeschichten vertraut, hat damit zu tun, dass es extrem viel Angstfreiheit und Mut dafür zu brauchen scheint, nicht mehr an das Falsche zu glauben.

Gästeseite, für Neues offen.

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