Gästeseite

Eigentlich kein Gästebeitrag

Persönlich kenne ich Herrn v. Crasswitz nicht. Er ist mir von einem vertrauens-würdigen Schreibkollegen empfohlen worden. Hier sein eingesandter Kommentar zu Ostern, den man durchaus als kontrovers und grenzwertig sehen darf und eigentlich der Rubrik SATIREN zugeführt werden müsste. Hier also sein Beitrag:

Meine erzkonservative Familie wird mich wahrscheinlich enterben, wenn sie das hier liest. Aber ein guter Freund hat mich auf diese Gästeseite aufmerksam gemacht. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und nutze sie gerne.

Ich weise sofort darauf hin, dass der Klang der Osterkirchenglocken in mir keine Resonanz findet. Weit eher ist das so, wenn mit der Osterglocke die giftige Gelbe Narzisse (Narcissus pseudonarcissus) gemeint ist, ein Blume, die mir jedes Frühjahr viel Freude schenkt.

Aber jetzt zur Sache. Ostern und Auferstehung, was bedeuten sie mir? Eigentlich nichts. Und was soll ich da noch schreiben, wenn es nette, im Glauben gestärkte Menschen Jahr für Jahr mit denselben Schummeleien tun, die kein rationales Gemüt verstehen kann oder aushält.

«Tertia die resurrexit a mortui?» Er sei am dritten Tage von den Toten wieder auf-erstanden? Mal ehrlich, wir wissen es eigentlich doch alle. Ist alles Geflunker. Tot ist tot. Da ist nur das Nichts. Und was das ist, wissen wir nicht. Punkt.

Aber was folgere ich daraus? Könnte es allenfalls eben doch sein, dass dieser Mann gar nicht tot war, nur schwer verwundet, beinahe verblutet oder erstickt? Und er noch rechtzeitig von diesem Joseph von Arimathia geborgen wurde?

Der hat ihn liebevoll gesundgepflegt und dann mit den Rechtsmitteln eines Zeugen-schutz-Programmes einer neuen Existenz bei den Essenern irgendwo im Ausland zugeführt. Dort lebte er dann friedlich und froh, dem Imperium Romanum entkom-men zu sein.

Nie sind ihm dort die erfindungsreichen Schwindeleien der Evangelisten und Epis-telnschreibern noch zu Ohren gekommen; von wegen «Am dritten Tag auferstan-den» und «ascendit in caelis», also «aufgefahren in den Himmel» zu Vatern an seine rechte Seite.

Folglich hatte er keine Kenntnisse von diesem orientalischen Märchen aus dem Hause Markus, Matthäus, Lukas, Johannes & Co? Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen. Die hatte er in der Tat nicht.

Also jetzt: Diese Ostermär zu glauben, ist doch schlicht unvernünftig, auch wenn die Theologen auf dem «Credo quia absurdum est» bestehen, also auf «Ich glaube, weil es widersinnig», noch konkreter übersetzt, primär mal misstönend, sehr unpassend, völlig ungereimt, ohne Sinn und Verstand, komplett irre und was auch immer ist.

Wenn schon Ostern und Auferstehung gefeiert werden soll, dann allerhöchstens symbolisch mit einem Fest für die aufblühende Natur ohne diese metaphysischen Phantasieprodukte aus den Fälscherwerkstätten der Schriftgelehrten. Nietzsche bringt es übrigens auf den Punkt: «Die Menschen brauchen einen Gott und haben ihn erfunden.» 


Kommentare (3)

Valentin Trentin am 31.03.2024 17:39

Lieber Arthur
Ja, dieser Baron Crasswitz. Das war ja bewusst so dargeboten und intendiert klar, wer und was dahintersteckt. Aber was soll man tun, wenn niemand das Gastrecht wahrnimmt? Nun, Crasswitz repräsentiert dezidiert nur die eine Hälfte meiner Weltsicht, oder wie immer man das nennen will: Optik, Perspektive oder Denkgrammatik? Denn dieses andere Segment enthält meine «3 T-Adjektve»: Temperiert, taktvoll und tolerant: Jedem Geschöpf komme das zu, was es glauben möchte. Aber auch jedem, was es nicht glauben kann. Und da sind Crasswitz wie ich nicht Jünger des nazarenischen Wanderpredigers und Wundertäters, sondern weit eher Schüler Schopenhauers, Nietzsches und von Leuten wie Ernst Häckel oder Jaques Monod (Zufall und Notwendigkeit). Aber schon gar nicht sind wir «Leute eines Schlages». Wir vermuten zudem, dass die Evangelisten auch nicht an einem Mythos gebosselt haben, sondern propagandistische und mehr oder weniger glaubhafte Geschichten um einen der vielen Heilsverkünder teilweise erfunden haben, auf die vielleicht die Herren Meier, Müller oder Moser hereinfallen. Und um da ganz klar zu sein, sowohl v. Crasswitz und ich unterscheiden nicht zwischen Gläubigen und Ungläubigen, sondern denkt weit eher mit Oscar Wilde, dass «die Menschen entweder charmant oder langweilig sind. Es ist absurd, sie in Gut und Böse einzuteilen.»

Wenn Du also in der Wettinger Sebastians-Kirche – die ich als Ex-Wettinger Klosterinsasse (1964 bis 1968) natürlich kenne – in der festlichen und trompetenreichen Barock-Messe von Fux (1660 bis 1741) und feierlich schreitenden Ministranten, goldenen Gefässen und strahlenden Chorfenstern Deine Oster-Erfüllung gefunden hast, ja was soll man dagegen haben? Carl Ludwig (bitte mit C) und ich wenden uns lediglich gegen Leute, die sich wider besseren Wissens mit mystischem Geraune gegen rationale Erkenntnisse stellen und «Credo quia absurdum est» auf ihr Panier geschrieben haben.
Valentin Trentin v/o Baron v. Crasswitz

Arthur Brühlmeier am 31.03.2024 14:36

Lieber Karl Ludwig von Crasswitz

Zuerst einmal: Dein Pseudonym halte ich für zu hoch gegriffen, Deine Witzelei kennt man schon seit dreihundert Jahren. Und krass? Darum: Meier, Müller oder Moser hätten genügt. Soeben habe ich die Osterfeier in meiner Heimatkirche Wettingen miterlebt und sitze nun am PC und geniesse in österlicher Stimmung beim Aufblicken das Aufblühen unseres Gartens.
Natürlich sind die vier Evangelien Märchen, aber eben nicht in Deinem negativ gemeinten Sinne, sondern sie sind Mythen. Gewisse Dinge und Zusammenhänge lassen sich nicht mit Logik, Fakten und unserem bescheidenen Sprachwerkzeug angemessen erfassen. Für Dich gibt es Gläubige und Ungläubige. Ich unterscheide anders: Die einen nehmen alles wörtlich, seien sie nun Fundamentalisten oder Leute Deines Schlages. Die andern kennen die Bedeutung von Mythen. Ein Mythos sagt das Wesentliche in Bildern, in Gegensätzen und Widersprüchen, in mysteriösen Geschehnissen, im gelebten Kult und – keinesfalls vergessen – in der Kunst. Wesen und Wirken der geistigen Welt ist nur zu verstehen, wenn man die Mythen wirken lässt und ernsthaft sucht, dabei auch weiss, dass man nur findet, was dem eigenen Geist gemäss ist, und dass volle Erkenntnis nur anzustreben, aber nicht zu erreichen ist.
Im übrigen sind mir bei Matthäus und Co. Sätze aufgefallen, die mir sehr gefallen: Du sollst auch Deine Feinde lieben. – Was nützt es Dir, wenn Du die ganze Welt gewinnst, aber Schaden an Deiner Seele nimmst? – Sammelt Euch Schätze des Himmels!
In der Wettinger Sebastians-Kirche war es schön: Festliche Messe von Johann Joseph Fux (1660 - 1741), gut gesungen, gut getrompetet, würdig und kultiviert zelebriert von Pfarrer Urs Zimmermann, bedient durch andächtige und feierlich schreitende Ministrantinnen. Goldene Gefässe auf dem vom Wettinger Künstler Eduard Spörri geschaffenen Altar, von der Morgensonne durchstrahlte Chorfenster des Brugger Künstlers Willi Helbling (1920 -2015): Kunst, Würde, Schönheit, gelebte Gemeinschaft. Ostern.
Arthur Brühlmeier

Urs Aerni am 30.03.2024 09:55

Analog zu den Kirchen: Was würden wir mit den vielen Bahnhöfen machen, wenn wir nicht die Eisenbahn erfunden hätten?

Und was schreibt Nietzsche dazu?

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