Gästeseite

Gästeseite Nr. 5
«Ich wollte nur mal ... »

Kennt man doch. Ausreden wie «Ich habe nur ...» oder «ich wollte bloss ...».

Beispiel: Der Wagen steht halb auf dem Trottoir, Begründung: «Ich musste nur schnell auf die Post.» Oder der SUV steht in der MMM/coop-Tiefgarage mitten auf der Einfahrt, Ausrede: «Ich warte bloss auf meine Frau, die ist am Poschten.»

Wenn Sie Glück haben, hören Sie es nicht täglich, das egozentrierte Leidmotiv mangelhafter Empathie. Oder ist es doch bloss fahrlässiger Mutwillen auf der Basis, wo kein Kläger … oder in diesem Falle, wo keine Polizei in der Nähe ist?

Das ist der Grund, warum ich mir gerade deshalb ab und zu den Spass leiste, diese «Nuromanen» und «Blossolisten» anzupflaumen und nach ihrem werten Befinden zu fragen.

Etwa so: «Entschuldigen Sie, wo haben denn Sie parkieren (In Germany: parken) gelernt? In Burkina-Faso?» (Deutsch übrigens: Land des aufrichtigen Menschen). Häufige Antwort der Befragten: «Sind Sie Polizist oder was?» - «Leider nicht, aber Ihre Parkierkünste kann auch ein Laie bewundern.» - «Das geht Sie überhaupt nichts an!» - «Da haben Sie recht, das geht vor allem Sie was an.»

Und so weiter, ad libitum. In der Regel laufe ich dann gelassen und lachend weg (Après moi, le déluge!) und grüsse, wie es «Elizabeth The Queen Mother» und ihr Mann George VI. jeweilen taten, mit dieser unwahrscheinlich graziösen und huldvollen Armbewegung, die ihresgleichen sucht.

Nun gut. An sich sollte ich ja die Klappe halten. Nach dem Prinzip «Göschenen-Airolo», jetzt eigentlich weit eher «Erstfeld – Bodio». Oder «Kandersteg-Goppenstein»; wo auch immer es gefallen mag. Sicher ist nur dies: Ich bin doch nicht meiner Verkehrsteilnehmer Hüter.

Fehlverhalten einzugestehen, ist offenbar für jene Probanden etwa so schwierig, wie einigermassen korrekt einzuparken. Da mache man sich keine falschen Hoffnungen auf Besserung. Sowas spiegelt Anlagen und Erziehung. Unbelehrbare wollen das bleiben. Alles andere enthüllt ihre Intelligenz und Conduite, immer vorausgesetzt, da ist was zu erkennen.

Und doch. Diesen Dialog stelle ich mir auch schon mal anders vor: Etwa als Illusion so: «Entschuldigen Sie. Ich weiss, an sich geht’s mich das ja nichts an. Aber sagen Sie doch, wo haben Sie so wunderbar parkieren gelernt? In Burkina Faso?» - «Nein, in Italien. Da macht man das so.» - «Stimmt, aber doch bitte nicht hier. Ich hatte grosse Mühe mit Einparken.» - «Ja, ja, ich weiss, ist schwierig hier, tschuldigung, aber ich wollte nur rasch … » Wie heisst es so schön in Notentexten? Da capo al fine.


 

Kommentare (2)

Peter Haudenschild am 13.03.2023 12:53

Vielen Dank für die tollen Antworttipps. Werde mir erlauben, diese hin und wieder anzuwenden. Merci!

Heinz Bösch am 02.02.2023 10:57

Habe bei Kant nachgefragt, was er denn dem Burkina-Faso-Autofahrer (nichts gegen Burkina Faso!) im Coop-Parkhaus sagen würde. Ich habe von ihm folgenden Vorschlag erhalten: «Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d.i. diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch tut.»
Stelle mir nun vor, wie der Burkina-Faso-Autofahrer nach dieser Belehrung über eine allgemeinverträgliche Form des Zusammenlebens mit grossen Augen und aufgerissenem Mund neben seinem Barrikaden-SUV steht und sich denkt: «Jetzt versperren mir auch noch die Psychopathen den Weg. Wo sind wir angekommen?»
Heinz Bösch

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