Kritik

Einfach nur zum Heulen?

Pascal hat mehr denn je Recht. Es ist in zweierlei Hinsicht nur zum Heulen für die Betroffenen, die nicht zu Hause bleiben können. Ja was denn wohl? Die jüngsten Wahlen? Die Kandidatenpalette? Vereinzelte Ergebnisse? Die Kommentare in den Medien? Nichts davon.

Nur eben dieses Beispiel. Ende September in der Mehrzweckhalle Schwyz: Knapp 600 frohgemute Zuschauer lassen sich von einem Jodelmusical beschallen; zugleich aber auch vom Coronavirus befallen. Da waren nämlich einige Jodler infiziert. Ergebnis: Ein Super-Spreader-Event und 391 neue Fälle, die zum grösseren Teil auf dieses Ereignis zurückgeführt werden konnten. Und man erinnert sich an das Buch von Kerstin Gier: «Ach, wär ich nur zu Hause geblieben.» Das allerdings beschäftigt sich mit den Tücken und Lücken verkachelter Urlaube.

Und da sind wir jetzt beim Thema. Warum können die Leute nicht einfach mal zu Hause bleiben? Nix Malediven und Karolinen. Nix Jodel-Doppelquartett und Hinterkraxler Fettbuben. Nix Fussballstadion und Skimarathon. Nix Party mit Rudelbesäufnis. Nix Symphonie-Konzert und auch keine Besuche von Kabarett und Comedy, geschweige denn von zeitungemässem Regietheater, was auch ohne COVID-19 infektiös sein soll.

Also, warum können die nicht einfach wie «Kevin allein zu Hause» bleiben? Weil sie generell nicht allein sein können? Weil sie solistisch mit sich nichts anfangen können? Weil sie plötzlich erkennen müssten, wie kümmerlich und kummervoll ihre Privatexistenz ist. Weil sie die einfach nicht mehr aushalten? Und weil sie aus purer Gewohnheit in den Ausgang gehen, weil sie nichts Anderes kennen? Oder weil sie a priori Langweiler sind und wie diese sich generell und ganztägig langweilen.

Warum nur verpassen sie die unangefochtene Chance, in aller Ruhe in stiller Kammer des Nachdenkens zu Hause ein paar Schritte auf dem Teppich der Selbsterkenntnis zu gehen? Sie tun es nicht. Und sie wissen auch nicht wie; oder wollen es gar nicht erst nicht wissen. Zu schmerzhaft, zu lächerlich?

Also hat Blaise Pascal auch in diesen irren Zeiten einmal mehr Recht? «Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne savoir pas demeurer en repos, dans une chambre.» Sela Psalmenende.


Kommentare (1)

Georges Ramstein am 10.01.2021 17:34

Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung mit Menschen, die nichts mit sich selber anzufangen wissen, weil sie sich langweilen oder die Alleinsein-Situation – sei diese auch nur von kurzer Dauer – sogar unerträglich finden, weiss ich, dass solche Menschen in den meisten Fällen tatsächlich langweilig und unerträglich sind.

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