Kritik

KUNST?

Also, das ist jetzt so. Ich war zur Vernissage geladen. Zwei Künstlerinnen zeigen Installationen. Doch allein schon dieses Wort installiert in mir Vorbehalte.

Dies aus Erfahrung mit einer himmelsteigenden Holztreppen-Konstruktionen mit dem schüchternen Titel «Ins Leere», auf der aber, wie auf der Jakobsleiter (Gen. 28,11), keine Engel Akrobatik trainierten, sondern nur Zuschauer etwas ratlos herumstaunten und kaum stehen blieben, wie ich zum Beispiel eine halbe Stunde lang vor dem Ildefonso-Altar-Bild von Rubens. Die Maria und ihre himmlische Entourage, einfach hinreissend!

Aber nie würde ich lange verweilen, wenn aus einem VW-Bulli Davoser-Schlitten quillen. Oder Spanische Reiter aus Kartonröhren wie nicht abgeholt herumstehen, im Nebenraum gegen dreissig Kinderschaukeln von der Decke hängen, oder andernorts ein Schwarm schwarzer Schmetterlinge gerne Angst vor Insekten (Entomophobie) provozieren will. Kunst von wollen statt können?

Weder Bürostuhlinstallationen, eine «Skulptur in Bewegung» noch die dürren Äste von Katharina Henkings Arbeiten «von poetischer Fragilität» (siehe Bild) berühren irgendeine Seelensaite in mir, im Gegensatz zu einem Choralvorspiel von Bach.

Und auch das nicht, was jüngst vor den ungläubigen Augen geboten wurde. Da hängen im ganzen Galerieraum der Region unzählige bunte Stoffbahnen und -fetzen von der Decke. Ich fragte mich im ersten Moment prompt, ob die Galeristin wohl gerade Waschtag gehabt und ihre Buntwäsche zum Trocknen aufgehängt hat. Weit gefehlt, mon cher. Das und ein anderes Exponat nannte sich «Vages Terrarium». 

Dies wahrscheinlich, weil in einem anderen Raum noch weniger Definiertes lagerte, das aussah wie Trümmerteile aus einem Steinbruch oder schlicht wie Abbruchbau-schutt, deren Restanzen mit Gips bestrichen, aufgefüllt oder verziert waren. Das erinnerte auch unangenehm an eine Grabstätte, wo Vandalen gehaust haben mussten. Und selbstverständlich wurde das Kümmerliche mit Bedeutung aufgeblasen und mit dem Geschwurbel der zeitgenössischen Kunstkritik veredelt. Sollten Sie mal lesen. Die pure Logorrhoe, um nicht das Pendant mit Dia... erwähnen zu müssen.

Nur eben. Was an und in der Welt klären diese herangekunsteten Ablagerungen des Alltäglichen, diesen ephemeren Ramsch? Welche Tiefen lotet er aus? Welche substanziellen Inhalte lassen sich erkennen? Was haben diese sterilen Konstrukte mit der realen condition humaine zu schaffen, diese Schrotthalden der Imitatoren und Imitanten? «Ist doch einfach nur billiges Zeug», knurrt ein Nachbar.

Und kaum jemand steht auf und sagt, was er tatsächlich denkt, weil er befürchtet, als konservativer Kultur-Volltrottel abserviert zu werden, der von Kunst soviel verstehe, wie ein Bergbauer von der Hochseefischerei.


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Vorschau in der Aargauer Zeitung

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Der moderne Weg in Dantes neuzeitliche Inferno.

Am 14. Februar 2022 erschie-nen: Eine kompetente Vorschau von Maja Reznicek in der Aargauer Zeitung auf das neue Buch «POMMIERS INFERNO».

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Interview im General-Anzeiger

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13. Oktober 2022
Soeben erschienen: Ein Inter-view von Annegret Ruoff im General-Anzeiger. Sie könnnen es hier gleich

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Artikel in der Aargauer Zeitung

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«POMMIERS INFERNO»
Am 12. November 2022 istvon Maja Reznicek ist in der Aargauer Zeitung erschienen: Ein etwas summarischer Artikel zum achten Buch, der vom Bild mehr den Rahmen als den Inhalt zeigt, aber sachlich durchaus richtig liegt. 

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