Kritik

Es bleibt dabei: Ersatzbrücken-Sätze

Erschienen im «Querbeet» des General-Anzeigers Region Brugg und der Rundschau vom 6. Februar 2020:

Ich habe sie «Pontifix-Sätze» getauft. Nicht Pontifex. Mit dem päpstlichen Brückenbauer haben die nichts zu tun. Aber mit dem Umstand, dass man manchmal einfach nichts Gescheites zu sagen weiss; und auf eine Ersatzbrücke angewiesen ist, um das Gespräch am Laufen zu halten.

Nehmen wir gleich mal den Simpelsatz: «Nützen sie nichts, so schaden sie nichts.» Beispiel: Homöopathische Kügelchen oder Diätkuren nach den Schlemmereien an Weihnachten und Silvester. Den Schaden begrenzen dann die Säfte- und Smoothies-Mixer.

Denn: «Es gibt nichts, was es nicht gibt.» Doch, es gibt bei BigJoe den Trump-Burger, dem die Substanz fehlt, das Fleisch. Es gibt leider auch grüne Verbotsschilder, rote Traumwandler, braunes Brüllvolk und schwarze Blocks. Und die maulfaule «Schweigende Mehrheit».

Gut, die kann man zur Not noch verstehen. Denn «weniger ist manchmal mehr.» Was dann wiederum in Deutschland nicht immer ganz verstanden wird.

«Das kann jeder sagen.» Eben nicht. Viele reden einfach, sagen aber nichts. Siehe Trump-Burger und die Freunde dürftiger Hohlformeln, also Politiker und Sektenprediger. Da darf denn auch der Hundebesitzer-Klassiker nicht fehlen. «Keine Angst, er beisst nicht.» Meine Antwort: «Ich auch nicht.»

Ebenso kommunikativ untauglich sind Abtörner wie «Ja, aber», der stereotype Satz dominanzbemühter Führungskräfte. Ob bei Frauen häufiger, weiss ich nicht. Aber sicher noch starrsinniger wirkt: «Das sagst jetzt aber du.» Meine Antwort: «Ja sicher. Ist sonst noch jemand hier?»

Und dann die rhetorische Todsünde am Ende eines Referates: «So, das wär’s gewesen.» Ich denke sofort: Kommt jetzt endlich noch was Griffiges, oder war’s das? Also aufgemerkt, Zöglinge des Demosthenes. Es heisst: «So, das ist’s gewesen. Diskussion bitte.»

Denn das Leben findet nicht im Konjunktiv statt. Wobei man da bei den Esoterikern und Okkultisten nie ganz sicher ist. Verbürgt ist nur: Man sollte sich diese «Pontifix-Sätze», diese müssige Brückenbauerei, abgewöhnen. «Das leckt keine Geiss weg.»


 

Kommentare (0)

Eine 1. Replik

img

Statt Fax ist es zwar hier ein Mail, aber dafür ist Dein Beitrag umso fixer. Hat Spass gemacht, alle bekannten Floskeln der proletarischen Kommunikations-kultur (Ist das jetzt gerade eine neue Wortschöpfung – samt wieder unnötigem Pleonas-mus?) an einem Haufen zu sehen. Und um gleich einen davon auch bezüglich Wirkung Deiner beherzigenswerten Schreibe bei der durchzogenen Leserschaft zu zitieren: Nützt’s nüt, so schadt’s nüt. Henusode.
Ernst Bannwart, Birmenstorf

Eine 2. Replik

img

Mein «Lieblingssatz» war lange Zeit: «Ach, bist Du schon da?». Das Offensichtliche - Wir standen uns gegenüber. - wurde infragegestellt. Zumindest war es nach meinem Sprach-verständnis eine Frage. Gemeint war wohl jeweils Freude. Oder Verwunderung? Praktiziert wurde diese Unart meist von Frauen, ich erinnere mich an meine Mutter und die Mutter meiner Kinder und an eine ehemalige Freundin.

Aber: Man sollte wohl seine Toleranzgrenze um einen ordentlichen Betrag anheben. Denn solche Floskeln sind für die Mehrheit der Menschen durchaus positiv konnotiert. Nur Wortverdreher z.B. wie ich - oder Goldwaagen-Nutzer - hören das amerikanisch-oberflächliche «how are you» als Frage - und weigern sich, es als «Guten Tag» zu hören mit der gleichzeitigen Aufforderung, genauso floskulär mit «fine, thanks» zu antworten.
Bernhard Klein, Nussbaumen

Wenn E-Mails nerven.

20. April 2024

Erhalten Sie auch E-Mails mit Phishing-Hinterhalten und selten blöden Lockstoff-Headlines?
Weiterlesen

Salärexzesse? Soziale Abszesse?

12. April 2024

Die Frage sei erlaubt im Zusammenhang mit den exzessiven zweistelligen Millionen-Salären der Kräm de la Kräm der Krämerseelen auf den Teppichetagen.
Weiterlesen

KUNST?

2. April 2024

Also, das ist jetzt so. Ich war zur Vernissage geladen. Zwei Künstlerinnen zeigen Installationen. Doch allein schon dieses Wort installiert in mir Vorbehalte.
Weiterlesen