Kritik

«Wie stille ward’s zur Stell’!»
Mit Kommissar-Kommentar

Stellen Sie sich mal vor, die Medien würden systematisch nicht mehr über annähend jede Petitesse berichten.

Also kein Wort mehr über «Carlos» den Tobsüchtigen.

Keinen Kommentar mehr zu den alles in allem meist schicksalhaft unverschuldeten Verspätungen der SBB.

Keine Silbe über Nancy Holten und ihre händeringend verzweifelten Versuche im öffentlichen Diskurs zu bleiben.

Nicht eine Erklärung zu Lady Gagas erotischen Eskapaden mit Cooper & Co.

Und auch keine Rezensionen über die allwöchentlichen und viel zu jungen Shooting-Stars der Literatur- und Pinselszene, die soeben den Roman und die Bilderfolge des Jahrhunderts geschrieben oder gemalt haben.

Schluss mit Spekulationen über Blondkehlchen Helene F.

Keine Artikel mehr über «RBTSE» (Keine Privatbahn, sondern Raser, Bachelors, Trunkenbolde und Schauspiel-Exekutionisten).

Keine Zeile mehr über jenen Gemeinderat, der an seiner Megalomanie überhaupt nicht leidet.

Keine Behauptungen mehr von entlassenen Trainern und erfolglosen Tenniscracks.

Und jetzt stellen Sie sich mal diese Stille, diese Ruhe vor. Diese Leerräume und die Papier- und Stromeinsparungen. Kein Lärmen mehr über Nichtigkeiten. Keine Exaltationen mehr über Rotscher und Gölä.

Und im gleichen Aufwisch gleich alle Privatsender schliessen, damit auch Ruhe und Freude herrscht in Coiffeursalons, Tiefgararagen, aber auch in Einkaufs- und Fitnesscentern.


«Wie stille ward’s zur Stell’!»
Zitat aus den Gurre-Liedern von Arnold Schönberg nach Jens Peter Jacobsen.


Kommentare (2)

David Grossenbacher am 11.11.2019 13:25

Das kann ich nur bestätigen. Ohne den ganzen Medienkram, hat man tatsächlich ein ruhigeres Leben, sieht nicht über seine Umgebung heraus, kleinerer Horizont und nur die eigenen Probleme, was extrem beruhigend ist. Das erlebe ich leider nur sehr selten in meinen 4 Wochen Ferien im Jahr. Sonst läuft immer Radio auf der Arbeit. Oft gute Musik aber viel zu oft unnütze Nachrichten. Medien wie man sie heute kennt, sind eine viel zu grosse Macht. Der Mensch ist dumm und beeinflussbar. Wenn man vom Klima kein mediales Riesendrama machte, würde sich bei uns kaum einer in Weltuntergangsstimmung bringen lassen. Dass die Gletscher schmelzen hat schon mein Urururgrossvater meinem Urgrossvater erzählt. So neu ist das Problem nicht, wie es die Medien mühsam versuchen heraufzubeschwören.

Fritz Kamer am 10.11.2019 18:33

Worüber sollen wir uns dann noch ärgern? Über die Stille?

Der Satz der Woche

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«Ein entsprechendes Urteil des Zürcher Obergerichts ist in Rechtskraft erwachsen.» Vermutlich von der Kindheit in die stilistische Pubertät.

Ein Kommentar zur Sehnsucht nach mehr Ruhe in den Medien

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Der 38-jährige Maik B., der sich selber als «Berufsverbrecher» bezeichnet (Raubüberfälle, Erpressungen, Diebstähle), befindet sich in der Justizvoll-zugsanstalt Lenzburg in der Verwahrung. Er ist renitent und verweigert die Kooperation mit den Behörden und den Therapeuten. Der Aufenthalt im Gefängnis gefällt ihm offenbar ebenso gut wie ein Leben in Freiheit.

Die staatlich vorgesehene Vorbereitung für eine Wieder-eingliederung in die Gesellschaft scheint ihn nicht zu interes-sieren, befindet er sich doch in einer «Therapiefalle». Über diesen Mann veröffentlicht die «Schweiz am Wochenende» einen ganzseitigen Bericht, dies ergänzt mit einer ebenfalls ganzseitigen Fotografie des Verwahrten.

Die Frage sei erlaubt: Ist es wirklich sinnvoll oder sogar nötig, dem Straftäter Maik B. eine derartige Plattform zu bieten? Sind die zum Teil selbstgefälligen Aussagen von Maik B. für die Leserschaft wirklich bedeutsam und bereichernd? Hätte man auf dieser Seite nicht besser einen Menschen porträtiert, der für die Gesellschaft wirklich etwas geleistet hat?

Urs Winzenried, ehemaliger Chef der Kriminalpolizei KAPO Aargau
Quelle AZ

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