Satiren

«Oberholzer»: Vierter Versand

Schweigen ist nicht Oberholzers Alleinstellungs-Merkmal. Er sagt uns, was vorsichtige oder schüchterne Menschen für sich behalten oder gar nicht erst zu denken wagen. Er gilt, in Anlehnung an das Bild auf der 50-er-Note von 1911, als die berüchtigte Axt im Walde.


31.05.2023: Daniel Hellmann
«Der Mensch ist nicht das Zentrum des Universums.» Das mag ja sein. Aber ohne erkennendes Subjekt Mensch wäre das Objekt Universum gar nie erkannt worden. Oder philosophieren vegane Kühe täglich über kosmologische Fragen? Nicht gerade hell, Mann!


30.05.23: Schluss mit «Deville»
In der Tat. Und wie war er? Ich weiss es nicht. Hab's nie angeschaut. In der AZ lässt er zum Finale aber folgenden Satz vom Lastwagen fallen. «Heute knallt es auf Youtube und TikTok im Sekundentakt.» Wie wahr. Wer sowas permanent anschaut, muss einen Knall haben. Oder rast damit hinterm Steuerrad zum nächsten Crash.


29.05.23: Letzte Generation (LG)
Oberholzer fühlt sich an Churchill erinnert: «Never in the field of human conflict was so much owed by so many to so few.» Zu deutsch: Noch nie in der Geschichte menschlicher Konflikte hatten so viele so wenigen so viel zu verdanken. Für die LG gilt dann eher: Noch nie haben so wenige so vielen so viel Ärger verpasst.


28.05.23: Pfingstgedicht
Zum Kontemporären
Muss ich immer gähnen.
Denn was alltäglich,
Ist manchmal kläglich,
Gern auch unsäglich
Und daher schädlich.



NZZ, 26.05.23: «DeSantis stolpert in den Kampf gegen Trump.» Folglich US-Wahl 2024: Jetzt auch Kandidaturen von Trump und DeSantis: Die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Biden wird das sicher (nicht?) gefallen. Mir hingegen fallen ein paar widerliche Epitheta ein.



NZZ 24.05.23: «Bundesrat will 25 Leopard-2-Kampfpanzer an Deutschland abgeben. Die Schweizer Landesregierung gibt dem internationalen Druck nach.»
Na endlich. Wenn auch immer darauf bedacht, es allen recht zu machen und das mit obsoleten Weltbildern zu rechtfertigen. Irgendwann wird dieses Land Schweiz einmal erkennen müssen, dass Neutralität ein historischer Kunstbegriff ist, hinter dem wir uns verstecken, damit man uns in Ruhe lässt.
Erinnert an das Kind, dass die Augen schliesst und dann glaubt, so nicht gesehen werden zu können. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Im wahren Leben ist nichts neutral. Mann oder Frau, Krieg oder Frieden, Lüge oder Wahrheit, Zwiebel- oder Apfelkuchen. Man muss entscheiden. Zwiebelapfelkuchen schmeckt in der Regel nicht. Verdammt noch mal: Schickt der ukranischen Armee endlich alles, was wir haben und selber nicht brauchen.


«22. Mai 1965: In Romanshorn und Brugg fanden Verbrennungsaktionen soge-nannter jugend- und volksschädlicher Druck-Erzeugnisse, demnach verbotener Schmutz- und Schundliteratur statt.»
Kurzkommentar: Mickey Maus verbrannte auf dem Scheiterhaufen, Fix und Foxi erleuchteten die Stadt, und der Rauch vernebelte die Gehirne. Im Klartext: Ein Jahrestag der Schande. Das moralin-durchsäuerte Gutmenschentum beweih-räucherte sich selbst.


Kultur-Head-Line AZ: «Albtraum Mann? Die französische Autorin Maria Pourchet verabschiedet das männliche Zeitalter.»
Mal rein grammatikalisch: Das «Zeitalter» ist sächlich. Französisch sind «l'âge» und «le siècle» zwar männlich, «l'époque» hingegen weiblich, was auch für «l’ère» gilt. Also was soll der hingewürgte Quatsch mit genderistierten Zeitaltern? Und was der Unfug mit einem «Albtraum  Mann»? Es gibt ihn zwar, im Kreml oder in Syrien zum Beispiel. Aber es gibt auch Autorinnen, die Allgemeinplätze nach der Devise «pars pro toto» hortikultivieren; denn was in ihrem engen Weltbild nicht sein darf, soll auch im grossen generell nicht existieren.


AZ: «Aargauer erobern den Vatikan: 23 Schweizergardisten sind im Samstag im Vatikan vereidigt worden, unter ihnen auch drei Aargauer. Mehrere hundert Personen aus dem Gastkanton Aargau - notabene für drei Aargauer - reisten nach Rom und verfolgten die Zeremonie.»
Und mich verfolgen jetzt wieder die Tendenzen des megalomanen Kantonal-mediums, das sich immer deutlicher dem BLICK annähert. Erobert man damit tatsächlich neue Leser (generisches Maskulinum inklusive LGBTQIA+)?
Nachtrag: Schweizergarde: An sich verbotene Reisläuferei der Moderne für eine Kirche, die in mittelalterlichen Mooren stecken geblieben ist?


Deutschlandfunk am Morgen stellt die Frage: «Kann KI Kunst?» Meine Fragen: Ja was denn: hervorbringen, vernichten, schaffen, imitieren, konstruieren, kreieren? Und kann Deutschland noch Sprache? Offenbar nicht. Ach so, die sind mal Papst gewesen. Ja dann.
Die Hilfsverb-Hauptverb-Epidemie (HHE) hat jetzt auch die Schweiz erreicht. Gian-Duri Vincenz hat sich infiziert. Er sagte in der jüngten Rundschau: «Man fragte sich, ob der Prinz auch König kann.» Ich frage nicht, ob der Moderator auch Deutsch kann.


Kommentare (2)

Waldmeier-Schuppli Conrad am 29.05.2023 15:05

Das hiesse doch aber, wenn ich in der Lage bin, selber ein Himbeereis herzustellen, dann genügte der Satz «Ich kann Himbeereis.»? Und wir müssen dann nur noch darauf warten, bis die DUDEN-Redaktion dieses kastrierte Sprachkonstrukt zur Hochsprache befördert, die gemäss Ihrer Bezeichnung eine Kunstsprache sein soll, von der ich allerdings vermute, dass ihr zunehmend im Alltag die Kunst abhanden kommt.

Georges Ramstein am 29.05.2023 14:41

Was ist Deutsch ? Bisher hatte ich etwa folgende Antwort bereit: »Deutsch ist die allgemein gültige Bezeichnung für 'Deutsche Hochsprache'. Und: Deutsche Hochsprache ist die Bezeichnung für eine Kunstsprache, die sich aus verschiedenen Alltagssprachen indogermanischer Herkunft herleitet und von allgemein akzeptierten Regeln bestimmt wird. Diese Regeln werden von bestimmten 'Gesetzgebern' – z. B. der Dudengesellschaft für deutsche Sprache – vorgegeben und von Zeit zu Zeit den Entwicklungen der gesprochenen und geschriebenen Alltagsprachen angepasst.« Ist diese Antwort noch gültig? Falls ja, müssen wir einfach Geduld üben, bis die heutigen Ausdrucksweisen von G.-D. Vincenz und anderen Wortakrobaten für allgemeingültig erklärt werden!

Only cash und bare Münze?

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