Stellen Sie sich bitte vor, über Ideen und Sachverhalte würde nur gesprochen oder geschrieben, wenn man sie auch à fonds verstünde. Das Resultat hiesse wahrscheinlich, frei nach Schönbergs Gurre-Liedern: «Wie stille würd’s zur Stell’!».

Weitere Folgen liessen sich ableiten. Dem Stammtisch läutete die Totenglocke. Die Tage so mancher Podiumsdiskussion wären gezählt. Der Dienstagsclub gliche einer Gruppe Zisterzienser, die dem Schweigegelübde gehorchen. Sportkommentatoren wäre der Interpretations-Spielraum entzogen. Philosophische Kolloquien müssten gecancelt werden. Diskussionsrunden im Freundeskreis wären weniger lärmend. Temporäre Funkstille dominierte auch Deutschland, wenn es gälte, kompetent die Seele der Schweiz zu würdigen.

Ebenso tiefe Ruhe beglückte uns, wenn Fachunkundige über Tiefenlager und Atommüll in Rumpelshofen etwas weniger stritten. Vorbei wäre es auch mit den Endlosschleifen laienhafter Klimadebatten, müssiger Corona-Diskussionen und EU-Beitritts-Tiraden. Verstummen würden die mathematische Akrobatikrunden um den Eigenmietwert und die Strategiekenntnisse der Etappe im Kontext der Ereignisse in der Ukraine.

Und SF SRF würde wie 1953 nur noch an fünf Abenden pro Woche, wie seinerzeit aus dem Studio Bellerive, ein rund einstündiges, aber vielleicht sogar hochrelevantes Programm senden. Die Stille danach erinnerte uns an Hamlet. «The rest is silence.»

«Das meinst du aber nicht ernst?», fragte jüngst ein kluger Freund. «Demokratie lebt doch von den 3D: Dissens, Diskurs und Diplomatie.» Und das gelte sowohl für die neuste Steuerdebatte als auch die Fusionsrunden in Brugg und Umgebung.

Das mag stimmen, wäre aber noch fundierter, wenn lauthalse Laiendarsteller den Willen zur Stille etwas ernster nähmen. Ist es denn wirklich zuviel verlangt, nur verifizierte Argumente vorzutragen? Als Kurzformel ausgedrückt: Fakten und Erfahrung: Gut! Arg- und kenntnisloses Spekulieren: Schlecht! Schweigen: Schon besser! Und das auch hier wieder.