Kritik

Imitanten und Dilletanten?

Sie nennen es Installationen; und da seit Beuys ja jeder ein Künstler und sozialer Plastiker ist, sind wir genötigt, jedes beliebige Gebilde aus Holz, Draht, Filz, Papier und Fett als Kunst wahrzunehmen. Ich tu's nicht.

Ich halte mich an das, was ich sehe, an das nicht selten peinlich banale Tatsächliche ohne Transzendenz und Überbau. Die überlasse ich gerne den Wortkünstlern und Sinngeburtshelfern (Hermeneutik) der Kritikerszene, die glaubt, jeden Schrottplatz in ein künstlerisches Ausdruckterrain verwandeln zu müssen Dabei fällt auf, wie sehr sich diese Installationen der gesammelten Ein- und Abfälle gleichen. Imitanten und Dilletanten?

Bulletin 99 160521

Oder:

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Oder:

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Oder:

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Oder:

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Wie glücklich wäre man doch, wenn man diese Materialwelten ohne ästhetisches und kunstgeschichtliches Geschwurbel rational und sinnstiftend erklärt erhielte, damit man sich am Rande der Verzweiflung nicht mehr als Urtyp des Spiessers und Banausen vorkommen müsste. Um kompetente Hülfe wird gebeten.


Kommentare (5)

Fritz Kamer am 24.05.2021 19:25

Ruedi Neffs Gebrauchsanweisung für moderne Kunst hilft wahrlich weiter: Nicht zu viel nachdenken! Bei schwierigeren Fällen kann man es auch mit dem Geheimrat halten:
«Im Auslegen seid frisch und munter!
Legt ihr's nicht aus, so legt was unter.»
(Zahme Xenien 2)

Werner Keller am 18.05.2021 21:24

Lieber Valentin
Vielleicht helfen Dir zwei Stellungnahmen von Theodor Fontane : "Die Muse ist eine sehr spröde Dame, und es kostet viel Anstrengung, ihr auf den Leib zu rücken; den Saum ihres Kleides streifen, kann jeder." Und dies noch: "Je unver-ständlicher desto schöner. Ein Satz, der übrigens für die Masse wohl ewig richtig bleiben wird." Leider nur übernehmen immer mehr Pseudointellektuelle die Rolle als Fänger der Massen.

Georges Ramstein am 18.05.2021 17:56

Genauso ratlos wie Sie, Herr Trentin, kann ich Ihnen das Folgende schildern: Vor vielen Jahren hat mir ,Sepp' Beuys, den ich damals an der Basler Fasnacht persönlich kennen lernen durfte, in etwa folgendes dargelegt: 'Alles vom Menschen Erschaffene ist Kunst. Jeder Mensch ist ein Künstler, wenn er aus Dingen Neues erschafft. Bereits das Schälen einer Banane oder das Wegräumen und Aufhäufen von Steinen aus dem Garten ist Kunst, auch wenn es vom Bewirkenden nicht als solche erkannt oder als persönlicher Ausdruck bewusst gestaltet wird. Kunst muss aber von Menschen wahrgenommen werden. Daher ist beispielsweise jeder Abfallhaufen ein Kunstwerk, sei er bewusst gestaltet oder willkürlich - quasi einfach so - entstanden, wenn dieser als vom Menschen erschaffenes Werk vom Erschaffenden selbst oder von anderen Menschen wahrgenommen wird. Kunst muss keinen Sinn erfüllen und keinem Zweck dienen, sie muss 'nur' als solche wahrgenommen werden. Ein künstlerisches Werk soll und darf aber vollkommen individuell wahrgenommen werden. Deshalb ist es völlig normal, dass Kunstwerke von vielen Wahrnehmenden nicht erkannt oder schon gar nicht 'verstanden' werden. Jedwede Interpretation eines Kunstwerkes ist deshalb stets eine subjektive Aussage eines Wahrnehmenden. Auch der Künstler selbst interpretiert, wenn überhaupt, sein Werk immer aus seiner Sicht. Die Interpretation eines Werkes aus der Sicht des Erschaffenden muss mit der Sicht des Wahrnehmenden keinerlei Übereinstimmung aufweisen. Das schliesst aber nicht aus, dass ein Kunstschaffender mit seinem Werk nicht eine bestimmte Wirkung auf den oder die Wahrnehmenden beabsichtigen darf. Ob ihm dieses Vorhaben gelingt, ändert nichts am Werk selbst.'
Diese Worte beschäftigen mich seither immer wieder, denn somit ist ein noch so 'kunstvoll' gestalteter Termitenbau kein Kunstwerk, weil er nicht vom Menschen erschaffen wurde? Gerne hätte ich dies mit 'Sepp' diskutiert, aber leider ergab sich nie eine Gelegenheit dazu.

ruedi neff am 17.05.2021 12:00

lieber valentin
bitte nicht zu viel überlegen -
bitte lass es nur auf dich einwirken
und was passiert dann mit deinen emotionen?
ziel erreicht.

Gustav A. Lang am 17.05.2021 11:26

Um diese Hilfe - horribile dictu: auch Joseph Beuys gegenüber - bin ich ebenfalls durchaus dankbar!

Zitate zum Weglesen: Entgleiste Sprache.

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Ein Beispiel für zeitgemässen Management-Hohlsprech.

«Die bestehenden hervorragen-den Kundenbeziehungen und professionellen Kompetenzen im Kerngeschäft des Eventlocation-Betriebs würden künftig für (auf) neue Kundensegmente fokus-siert aufgestellt.

Die neuen Gesellschafter leisten dabei im zentralen Umfeld der Digitalisierung einen unverzicht-baren Beitrag zur nachhaltigen Weiterentwicklung.

Die Geschäftsführung sieht eine positive Entwicklung über (für) die nächsten zwölf Monate.»

Kurz kommentiert: Ja, ja, schon gut. Aber eine positive Entwick-lung hin zu einer inhaltlich angereicherten Sprache über die (für die, in den) nächsten zwölf Monate(n) sieht man dennoch nicht.

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«Dies ist der berührendste, menschlich reifste Roman, den Christian Kracht bislang geschrieben hat. Und der lustigste», sagt ein Denis Scheck. «Nein, ist er nicht», sagen nicht Wenige.

Zwei Drittel der Kritikerzunft überschlagen sich dennoch in Lobespirouetten für seinen neuen Roman «Eurotrash». Ich bleibe auf dem Boden und betone die Verwandtschaft des Romantitels mit seinem Inhalt.

Machen wir es kurz: Stilistisch wenig überzeugend, ja gar voller Fehler und Geholper, inhaltlich im Grunde genommen ein pausenloses seichtes Geschnorr und exzessiv ungepflegt plapperndes Namedropping. Das Buch langweilt spätestens nach zwanzig Seiten mit seinen selbstironisch drapierten Eitelkeiten und seinen repetitiven Taschenspielereien mittels zusammengekleisterter Kettensätzen und willkürlichen Geschichtchen. Und dann diese bockige Mutter: Eine kaum glaubhafte Kunstfigur mit zuviel Kohle.

Und um Himmels Willen: Christian Kracht mit Céline zu vergleichen, das kann man. Aber die Kluft bleibt gleichwohl nicht überbrückbar.

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