Kritik

Die heiligen drei Könige: Ein Fazit

Heilig? Schon falsch. Könige? Auch nicht richtig. Ja, aber was dann? Und warum überhaupt? Eine dubiose Geschichte. Denn hier genügt schon ein einziger Blick ins Wikipedia. Und man weiss: Auch diese Legende ist orientalischer Geschichtenbazar, hübsch aber fragwürdig wie das Meiste aus diesem Buch.

Die Ausgangslage:
Angefangen hat es mit den Passagen aus dem Matthäusevangelium, das nach Mehrheitsmeinung erst etwa 80/90 n. Chr. verfasst wurde, diesen Jesus von Nazareth als königlichen Messias beschreibt und nach guter griechischer Tradition auch gleich zum Sohn Gottes erhebt.

Ferner haben nicht Könige das Kind beschenkt, sondern «Magier aus dem Osten», im Original: «Magoi apo anatolon», was man bitte nicht mit Magier aus Anatolien übersetzen möge. Der heisst bekanntlich Erdogan. Diese Magoi waren zumeist Priester oder Astrologen, Wahrsager und Sterndeuter, also eine Art Vorläufer von Elisabeth Teissier.

Anzahl und Namen:
In der spätantiken griechischen Literatur war magoi (Pl. von magos) in der Regel die Bezeichnung für die zoroastrischen Priester Persiens. Erst später wurden die «magoi»  faktenfälschend aus Prestigegründen zu Königen erhoben.

Der sog. Kirchenvater Tertullian schrieb im 3. Jahrhundert, dass die Weisen wie Könige aufgetreten seien. Nun gut, der hat auch das himmlische Naherwartungs-Jerusalem von Himmel herabtauchen gesehen. Endgültig zu Königen gemacht wurden die «Drei Weisen aus dem Morgenland» dann von Caesarius von Arles und Isidor von Sevilla.

Origenes (185–254) nennt übrigens als erster die Dreizahl der Magier. Es existieren aber auch deren vier, manchmal zwei. Jakob von Edessa (633–708) erwähnt sogar zwölf persische Könige. Liegt da vielleicht etwa eine Apostelverwechslung vor?

Im 19. Jahrhundert wurde dann von einem vierten König erzählt, der zu spät zur Krippe aber noch rechtzeitig zur Kreuzigung kommt, siehe Edzard Schaper. Ganz offensichtlich hängt die heute gültige Dreizahl mit den drei Gaben zusammen.

Die Namen der drei Reisefreudigen tauchen definitiv im 6. Jahrhundert auf. Dass einer von ihnen ein «Mohr» gewesen sein sollte, ist ein Übersetzungsschnitzer. Beda Venerabilis schreibt, dass der dritte, «tertius, fuscus, integre barbatus, Balthasar nomine», also Balthasar geheissen habe und sein Bart «fuscus», dunkel, schwärzlich gewesen sein solle.

Mein Fazit:
Man staunt immer wieder, wie üppig Unwahrscheinliches und Erfindungsreiches ins apokryphe Kraut schiesst. Aber bitte: Wir haben Glaubensfreiheit. Wir haben aber auch Denkfreiheit. Nur sollte man die auch wahrnehmen.

Und da keimt halt Skepsis erst recht dann auf, wenn empfohlen wird, das alles symbolisch und metaphorisch verstehen zu müssen. Das kann und werde ich nicht. Das Ganze ist doch bloss ein religionspolitischer Fake mehr.


Kommentare (1)

Pirmin Meier am 06.01.2021 10:18

Schön der Hinweis auf Edzard Schaper, den man an einer Lesung in Turgi kennenlernen durfte; so um 1968/69, als dort noch ein eigenes Kulturleben herrschte, nicht zuletzt auch mit Theater. Das Nähere zur Dreikönigslegende hat, wie die Ursula-Legende, mit der Geschichte Kölns zu tun. Damit befasste sich als erster Schweizer um 1510 der Glarner Humanist Heinrich Loriti, genannt Glarean, und schrieb seinem Pfarrer Ulrich Zwinngli auf Anfrage darüber. Für den Kalender und die christliche Kultur bleibt natürlich der 6. Januar eines der solennesten Feste; siehe noch das orthodoxe Weihnachtsfest.
(...)
PS. Für die mittelalterliche Mystik und vor allem für die Pilgergeschichte waren und bleiben Kölns heilige drei Könige natürlich von enormer Bedeutung!

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