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«Er ist halt ein Gutmensch.»
Teil 2

Ist dieses Urteil jetzt eine Empfehlung oder eine Verfehlung? Wären Sie als Empfänger solcher Botschaft begeistert? Oder vibriert da nicht etwas im Untergrund wie, man sei ein schafsseelenguter Mensch, etwas naïv zwar, aber ganz nett? Jetzt mit ausführlichen Kommentarren.

Möchte man tatsächlich als das gelten? Als arg- und harmlos, gutgläubig und etwas schlicht? Dann wohl schon eher: «Edel, hülfreich und gut?» Eben das, was sich für einen «guten Menschen» als Gegenentwurf zum «Gutmenschen» aufdrängt.

Dennoch empfahl jüngst ein Kolumnist, man solle zum «Gutmenschentum» stehen. Aber daraus gleich einen Propagandafilm drehen? Ist das wirklich notwendig?

Und in der Tat, ein Gutmensch zu sein, wäre man sicher gerne, wenn da nicht dieser fade Beigeschmack wäre. Wenn da nicht die Rezepturen des Moralins der Saubermänner, der Ruch des Helfersyndroms und der Verdacht der Heuchelei mindestens zu vermuten wären.

«Gutmensch» oder «Schlechtmensch»? Ist das die Frage? Eher nicht, denn in der Tinktur des Menschseins sind wohl die Moleküle des Guten und des Bösen verwirbelt. Ich plädiere daher für «die Unvollkommenheiten des Menschseins», allerdings ohne dauerhaft unvollkommen bleiben zu wollen.

Überdies halte ich es mit Oscar Wilde: «Die Menschen sind entweder charmant oder langweilig. Es ist absurd, sie in gut und böse einzuteilen.» Oder wenn’s beliebt, Nietzsche: «Nichts ist kostspieliger als ein falscher Wahn über Gut und Böse!»


Hinweis: Jetzt auf dieser Website unter KRITIKON:

Plädoyer gegen verbale Xenophobie:

Das unendliche Weh und Ach mit den sogenannten Fremdwörtern verdient eine Schmerzbehandlung. Den germanophilen Fanatikern ins Vademekum. 

Kommentare (3)

Markus Fricker am 18.06.2020 12:37

Offensichtlich habe ich, der angesprochene Kolumnenschreiber, es nicht geschafft, genügend verständlich zu machen, worum es mir geht. Der Begriff "Gutmensch" ist ein Kampfbegriff der politischen Rechten. Sie ziehen damit hämisch über Leute her, die sich um Mitmenschlichkeit und Toleranz einsetzen.
Der Begriff „Gutmensch“ wird verwendet, um sich lächerlich zu machen über jemand, der z.B. dafür einsteht, dass man mit Flüchtlingen respektvoll umgeht. Der Begriff "Gutmensch" ist dann das finale Totschlagargument. Ich wollte die Verdrehtheit dieser Argumentation damit aufzeigen, dass ich gefragt habe, was denn die angestrebte Alternative sei: der Schlechtmensch?

Peter Haudenschhild am 17.06.2020 11:42

Zwar nicht nach Duden, aber interessante Schreibweise "naïv". Habe ich mir bisher gar nie überlegt. Kaum anderswo in der deutschen Sprache zu finden, ausser https://www.facebook.com/naivfrankfurt/. In andern Sprachen gang und gäbe. Warum eigentlich nicht in der nächsten Rechtschreibereform?

Pirmin Meier am 17.06.2020 10:40

Der Begriff "Gutmensch", gelegentlich bei der politisch superkorrekten Jury als "Unwort des Jahres gehandelt, ist eine Abwehrreaktion des "Pöbels". In unserem Nachbarland "Dunkeldeutschland" genannt, welcher Begriff aber nie als Unwort diskutiert wurde.
Als Biograph bedeutender Persönlichkeiten, sogar auch Heiligen, ist mir aufgefallen, dass dieselben nur bedingt oder überhaupt nicht "Gutmenschen" waren. Z.B. habe ich nachgewiesen, dass die Innerschweizer Eidgenossen im Alten Zürichkrieg 1444 bei der Entsetzung der Besatzung der Feste Greifensee "auf Gnade oder Ungnade" unter Einfluss des Hauptmanns Klaus von Flüe bei der Abstimmungsalternative "Verbrennen oder Köpfen" tatsächlich für das mildere Köpfen stimmten, ausserdem für die Begnadigung der fünf Ältesten, was übrigens bei den fünf Jüngsten noch mehr Lebenszeit ins Trockene gebracht hätte. Letzteres spielt sogar ein wenig an die Corona-Problematik an. Das Argument, die meisten Toten wären in nächster Zeit ohnehin "fällig" gewesen, gilt als zynisch. Immerhin müsste der Patient, wie Paracelsus schrieb, dem Arzt "24 Stunden täglich eingebildet" sein, bzw. sollte an ihn gedacht werden, wobei jedoch der Arzt zwar gegen die Krankheit ankämpft (eine solche ist an sich auf Dauer der Forschung so gut wie nie "unheilbar", aber keineswegs gegen den Tod.
Selber würde ich mir vielleicht bei einem Angebot von 56 Millionen (geschätzte Kosten für eine Corona-Lebensrettung unter dem "Regime" der "Massnahmen") zugunsten meiner Erben durchaus und überhaupt überlegen, auf eine Behandlung zu verzichten.
Dabei ist ein Menschenleben natürlich unbezahlbar. Aber nicht nur dies: ein gutes Gedicht, aber nur ein wirklich Gutes, kann sogar mit Millionen von Literatur-förderung nicht einfach generiert werden: die bedeutendsten Werke der Literatur sind nicht zuletzt unter oft lausigsten Bedingungen entstanden, wie es Heinrich Heine ausdrückte. "Die Armut, der körperliche Schmerz und das Judentum" seien seine drei grössten Plagen gewesen, wobei das letztere, bei Heine auch Ausdruck von jüdischem Selbsthass, in jener Ausdrucksweise nicht mit Antisemitismus verwechselt werden darf. Unter Deutschlands grössten Dichtern waren jedenfalls Heine, zumal Brecht (über dessen Charaktereigenschaften sich Günther Anders radikal negativ äusserte) und letztlich auch Günther Grass keine "Gutmenschen", auch wenn er eine Zeitlang so tat, als wäre er einer. Der Begriff ist, gerade auch und weil er keineswegs wohlmeinend kreiert wurde, keineswegs so beschaffen, dass man gerne so bezeichnet würde. Es ist meines Erachtens auch sinnlos, diese Wortprägung rehabilitieren zu wollen. Bei genauerem Hinsehen war auch Jesus Christus, der sogar mal einen Feigenbaum verfluchte und sich ätzend gegenüber seiner heiligen Mutter äusserte, alles andere als ein "Gutmensch". Eher passte der Begriff zu gewissen Vorstandsmitgliedern der Schweizerischen Evangelischen Kirche sowie zu diversen pädophilen Geistlichen vor deren Entlarvung oder je nachdem Selbstentlarvung.

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