Satiren

General-Anzeiger Brugg und Rundschau:
«Querbeet» vom 8. September 2022
«Nörgel, nörgel, nörgel ...»

Dieser sonderbare Kolumnentitel zitiert den IQ-Überschallflieger und Autisten Sheldon Cooper aus der Sitcom «The Big Bang Theory». Kennen Sie nicht? Macht nichts.

Zudem wird auch bei uns in Helvetien genörgelt. Und wie! Scheint eine unserer Kernkompetenzen zu sein, die DNA der Nation. Zum Beispiel in der SF SRF Kochsendung «Mini Chuchi, dini Chuchi», wo fünf Kochkünstler und Küchenfeen sieden, braten, beurteilen und über den Klee rühmen, leider aber auch herumnörgeln.

Das klingt dann so: «Also das Pouletfleisch war etwas cross, und die Senfsauce megafad. Das hätte man schöner anrichten müssen. Der Teller war überladen. Stimmt, und der Spargel war fasrig. Den Fisch fand ich einen Mäusefurz zu trocken. Der Broccoli war schlicht versalzen.»

Und so weiter. Eben: «Nörgel, nörgel, nörgel ...». Man krittelt auf Pfannendeckelhöhe und quengelt auf Flachtellerniveau. Nicht eine dieser Küchenkanonen hat daran erinnert, was einst unsere Eltern kategorisch imperativ befohlen haben: «Was auf den Teller kommt, wird aufgegessen! Und zwar ohne Reklamationen.» Aber was war, wenn man etwas nicht mochte, Mais mit Ragout oder Saucenkartoffeln? Dann hiess es noch rasch: «Nimm wenig oder lass es ganz bleiben.» Der Hunger aber siegte immer. Da war dann Ruhe am Tisch.

Nörgeln, Motzen, Raunzen und Maunzen sind heute offenbar Standard nicht nur am Esstisch. Das zeitgenössische Generalgenörgel kommt offenbar auf eine Fallhöhe zu liegen, die still aber gebieterisch an Wohlstands-Verwahrlosung und an akute Verkennung der globalen Lage erinnern könnte.

Wenn Sie jetzt denken, man gönnt Ihnen ja gar nichts mehr, dann haben Sie nicht ganz unrecht. Also nächstes Jahr die Flugreise zum Tuamotu-Archipel? Einfach unabdingbar? Jedes Jahr eine neue Karre? Einfach unverzichtbar? Und jeden Monat ein Diner mit fünf Gängen und gespannter Hose? Ist doch angemessen.

Aber bitte nicht vergessen: Zwischen Kritik und Genörgel sollte man den Niveau-unterschied erkennen. Namentlich die Diskrepanz zwischen dem Quaken der Frösche und dem Gesang der Nachtigall.


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