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Valentinstag: Schon wieder vorbei.

Tempus fugit. Obschon ich diesen früher wenig verbreiteten Namen seit über 72 Jahren mein Eigen nenne, ist mir zu diesem Sondertag wenig eingefallen, dafür den Kommentatoren umso mehr.

Ich kann ja zu mir selbst wohl kaum sagen: «Be my Valentine.» Autoerotik beziehe ich auf gewisse Motorfahrzeugmarken und weniger auf mich selbst, obschon das Gebot der Nächstenliebe den Passus «... wie dich selbst» enthält.

Und was ich schon gar nicht goutiere, sind diese Heiligen- und Märtyrerlegenden, wie jene von Valentin von Rom oder Valentin von Terni, welche für ihren Glauben angeblich unfreiwillig gestorben seien. Überhaupt die Sache mit den Konfektions-bekenntnissen anstelle von Fakten, die hat viel blutiges Unheil angerichtet; und sie tut es heute noch.

Dann doch lieber Kitschpostkarten, obschon da die Geschenkeindustrie und die Blumenläden ihre rosa Spuren hinterlassen.

Was noch gefallen könnte, wäre einzig die Devise zum Valentinstag: Seid wenn immer möglich lieb zueinander; und wenn das nicht geht, dann zumindest nett. Manchmal reicht auch gut erzogen und freundlich. Oder etwas christlicher: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst; aber bitte nicht den Nächstbesten.

Oder wie wär's mit diesem T-Shirt Aufdruck:


PFEIF AUF VALENTINSTAG.

ICH LIEBE DICH JEDEN TAG!


Kommentare (4)

Pirmin Meier am 14.02.2021 11:53

Lieber Canisius!
Ihr Namenstag, einerseits niederländisch, andererseits katholisch, ich besuchte natürlich in Freiburg das Grab Ihres Namenspatrons auch schon mal, deutet auf einen altmodisch-katholischen Hintergrund. In den Kantonen Freiburg und Wallis gibt es noch heute viele "Canisi", so wie es auf dem Friedhof der Insel Reichenau von "Pirmins" nur so wimmelt.

Canisius Mertens am 14.02.2021 10:25

Pirmin Meier ist ohne Zweifel einer der letzten, nicht nur aargauischen Grossmeister barocker Erzähl- und Argumentationskunst. Er erinnert ein wenig an Abraham a Sancta Clara (Johann Ulrich Megerle), an eine weltliche Version des eloquenten und metaphernreichen Augustiner-Mönchs. Da nimmt man dann mit Genuss die Ausführlichkeiten und sehr persönlichen Wertmassstäbe des Kommentators zur Kenntnis. Nebenbei noch: Es gibt nicht viele Blogs mit dem exzellenten argumentativen Niveau wie diesen hier.

Pirmin Meier am 14.02.2021 09:58

Nachtrag zu meinem freundschaftlichen Valentins-Tag-Essay an Valentin Trentin: Als Opponent jedweden politischen Sektierertums bin ich natürlich kein Impf-Gegner. Aber entschied für mich grundsätzlich, mich selbst bei drohenden Schikanen auf keinen Fall impfen zu lassen; erstens, um diese Frage als Gewissensfrage über die persönliche Intimsphäre zu unterstreichen; und zweitens wegen tatsächlich ungenügendem Wissen; drittens will ich kein (neues Schlagwort" Impfdrängler sein, und viertens lasse ich mich frühestens dann impfen, wenn die ersten 50 Millionen Afrikaner geimpft sind, das ist meine Drittweltsolidarität. Warum ich dieses Thema am Tag der Freundschaft anspreche? Weil Gespräche unter wahren Freunden es noch ermöglichen, dass man einander sagt, was man denkt, ohne deswegen einfach etwa gleicher Meinung sein zu müssen. Und es stimmt, da nehme ich auch die strengeren "Impfgegner" in Schutz: Sich als "schwul" zu outen braucht heute weniger Mut denn eine politisch als unkorrekt geltende Meinung öffentlich zu artikulieren.
Lieber Valentin, nochmals: Ich beglückwünsche Dich aufrichtig zu Deinem Namenstag sowie überhaupt zu Deiner, wie sich heute wieder bestätigt, trefflichen Website!

Pirmin Meier am 14.02.2021 09:44

Lieber Valentin
Gerade weil man in den tief katholischen dörflichen Kreisen, in denen ich im westlichen Aaretal aufgewachsen bin, wenn überhaupt, den Namenstag feierte und nicht den Geburtstag und weil der Name eine Art Horoskop ist, finde ich bei allen kritischen Bemerkungen Deinerseits und dem tollen Vers am Schluss es grundsätzlich sinnvoll, über den Valentinstag nachzudenken. Freundschaft, nicht zu vernachlässigen die gute alte Männerfreundschaft verdient besondere Pflege, weswegen ich etwa als Nichtraucher trotzdem immer gegen Rauchverbote war in Gaststätten, wo man sich trifft. Zu männerfreundschaftlichem Austausch gehört auch ein gewisses Spannungsfeld auf der Basis unterschiedlicher Biographien und davon geprägter Auffassungen. Mein allerbester Autorenfreund seit 50 Jahren, Hansjörg Schneider, jetzt in Basel lebend als Hunkeler-Urbild, aufgewachsen in Zofingen, war und ist ein Ur-Würenlinger wie ich, aber von der Biographie her protestantisch und urban. Darum sehen wir nicht alles gleich, profitieren aber von der Freundschaft umso mehr, wenigstens wenn wir einander jeweils ausreden lassen. Ausserdem bin ich mit einem ehem. Politiker befreundet, der sich im Gegensatz zu Dir stärker von rechts nach links statt umgekehrt verändert hat, was durchaus Debatten gibt, so wie mit Dir, wobei ich Dich noch längst nicht als "rechts" einschätze. Bin ich nun zum Beispiel "rechts", wenn mir eine Einwanderung allein aus europäischen Ländern 2020 von 98 000 Personen bei massiver Zunahme der Arbeitslosigkeit als meinetwegen "demografisch ungesund" einschätze? Eine Meinung, die sinngemäss mein allerbester verstorbener Freund aus dem links-gesundgewerkschaftlichen Lager, der überdies noch tiefgläubige Arbeiterschriftsteller, Vegetarier und Pazifist Karl Kloter aus Lengnau , sinngemäss zu Lebzeiten ebenfalls teilte. Obwohl es in der zunehmend doktrinär gewordenen Partei ein Tabu war. Aber unter Freunden konnten wir uns eben austauschen! Sogar über Religiöses. Ehrlich gesagt wäre es heute unproblematischer, dass ich mich als homosexuell outen würde denn als zum Beispiel für mich selber als Impf-Gegner. Dies habe ich sogar in meiner eigenen Verwandtschaft gespürt. Angeblich bin ich unsolidarisch. Dabei hege ich bloss ein nicht gerade kleines Misstrauen gegenüber dem massenpsychologischen Charakter vieler Reaktionen auf die derzeitige Pandemie. Dabei haben selbst Taskforce-Mitglieder nachweisbar ungenügendes Wissen betr. historische Erfahrungen der letzten 1000 Jahre, wobei nachweislich immer wieder politischer Druck entwickelt wurde nach dem Motto "Tut etwas, um den Eindruck von Kontrolle über die Lage zu erwecken, obwohl das Wissen ungenügend ist." Also machte man selbst in Calvins Genf, der Stadt mit den meisten klugen Leuten, zu solchen Zeiten Hexenprozesse, was sich ebenfalls für den ländlichen Kanton Obwalden nachweisen lässt.

Warum ich hier das am Tag der Freundschaft erwähne? Weil man unter Freunden wenigstens noch sagen darf, was man denkt. Und Du, lieber Valentin, bist der letzte, der einem Kollegen seine vielleicht auch abweichende Meinung übelnehmen würde. Dabei bist Du, wie ich, nicht unpolitisch. Wie politisch ich bin, auch historisch-politisch, spürte ich letzte Woche, als das Schweizer Fernsehen dank eines seit 30 Jahren guten Bekannten (nicht Freund, aber ähnliche z.B. volkskundliche Interessen) mich besuchte, um mich vor der Kamera eine volkskundliche Analyse des späten Schweizer Frauenstimmrechts zu machen mit Verteidigung und teilweise aber auch klarer Kritik an den Landsgemeindekantonen, die sich dagegen wehrten. Der Beitrag, welcher die These zurückwies, wir hätten in der Schweiz erst seit 1971 Demokratie, wurde auf Weisung von ganz oben nicht gesendet. Kann damit leben, weil zumal Feministinnen und ihr Umfeld meine historisch unterlegte Sicht mir übelgenommen hätten. Aber selbstverständlich beweist das Nichtsenden des Beitrags, was zwar immer auch noch andere Gründe haben mag, dass ich nicht weniger politisch, sondern politischer bin als andere, jedoch nicht so, wie es heute korrekter Standard ist. Sowieso wenn es heisst "alle sind der Meinung", dann neige ich gern dazu zu sagen: "Alle minus einer." Dabei habe ich in besagter Sendung die Frauenstimmrechtsgegner mit den AHV-Gegnern und den Eisenbahngegnern verglichen und vesuchte zu analysieren, warum die Reaktionäre regelmässig trotz falscher Parole manchmal echte Probleme artikulieren. Z.B. sagten die AHV-Gegner 1947, den damals prominentesten kannte ich noch persönlich: "Die Kinder, die jetzt geboren werden, werden vielfach einsam in Heimen sterben." So wie es zur Corona-.Zeit vorgekommen, wiewohl natürlich ein Nein zur AHV dies nicht verhindert hätte. Usw.

Um es zusammenzufassen: Freunde können einander Geschichten erzählen, auch solche, die unser fortschrittsgläubiges Weltbild in Frage stellen, und sie hören einander zu, sofern man einander ausreden lässt. Zu meinen besten Männerfreundschaften gehört ein Filmemacher, der vor Jahrzehnten den wohl besten Dokumentarfilm über die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz geschrieben hat, mit wunderbaren damaligen Frauenporträts vor Ort. Welcher Film sowohl den mühsamen Fortschritt zeigte als auch eine Würdigung der alten männerbündischen Demokratie mit unglaublicher Selbstbestimmung war, was heute sogar in Sachen Volkssouveränität rein juristisch nicht mehr möglich ist.

Aber endlich zurück zu Valentin. Du bist nicht Sankt Valentin, sondern ein von mir geschätzter Geschichtenerzähler, überdies ein Heimat-Aargauer in biographischer Schicksalsgemeinschaft, und darum schätze ich Dich im Sinne der guten alten Männerfreundschaft. Mögen wir noch viele Valentinstage an diesen Befund denken! Und bleibe so politisch, wie Du immer warst! Zur Politik gehört übrigens, dass man sich von früheren Verbindungen auch trennen kann; geht mir sogar mehrfach genau so wie Dir! In den Geschichten aber, heute "Narrative" genannt, werden wir uns jedoch immer wieder treffen und dafür neugierig bleiben. Ad multos annos!

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