Satiren
Wäffligers und die Kunst

Montag-Morgen gegen 11 Uhr. Paula liest am Küchentisch im kantonalen Intelligenzblättchen. Alphons pützelt die Kaffeetassen vom Frühstück unter dem heissen Wasserstrahl.
Paula: Sag mal, Alphons. Hast du sie schon gelesen?
Alphons: Was denn?
Sie: Die Zeitung.
Er: Nein. Ich gewöhne mir das langsam ab.
Sie: Wieso denn?
Er: Zu langweilig und immer dasselbe.
Sie: Ja so ist das Leben nun mal, wenn man nichts draus macht.
Er: Was soll das jetzt wieder heissen? Ich mach den ganzen Tag was.
Sie: Fragt sich nur was?
Er: Ich giesse unsere Pflanzen.
Sie: Aha, wie zum Beispiel gestern?
Er: Gestern? Moment, ja gut, da hab ich's vergessen. Entschuldige.
Sie: Schon gut. Aber jetzt, das mit den Zeitungen, wirklich immer dasselbe?
Er: Ja meistens.
Sie: Zum Beispiel?
Er: Kampf den Neophyten. Oder das Genöle wegen den Postautolinien. Die Linner Linde, Elterntaxis, das Elend ohne Ende in der Brugger Altstadt.
Sie: Ja gut. Aber das interessiert die Leute doch.
Er: Kann sein. Aber was mache ich mit Fässer rollenden Männern?
Sie: Ja gut, muss ich auch nicht unbedingt wissen.
Er: Oder was soll ich mit gelb eingefärbten Zimmern?
Sie: Das verstehst du nicht. Das ist Kunst.
Er: Ach so. Ja dann ... kann schon sein.
Sie: Das ist doch heutzutage alles, was als solche ausgegeben und hochtiliriert wird.
Er: Tiriliert ist gut. Aber erklär' das mal dem sogenannten Volk.
Sie: Wozu denn? Das Volk kennt Kunst nur in Verbindung mit -dünger und -honig.
Er: Das ist aber jetzt nicht von dir.
Sie: Nein, sondern von deinem verehrten Herrn Arno Schmidt.
Er: Wo er recht hat, da ...
Sie: ... hat er nicht immer recht.
Er: Na, ganz daneben ist das aber auch nicht.
Sie: Etwa so wie bei diesem gelben Zimmer?
Er: Ja, von mir aus. Da rankt sich auch sehr viel verbaler Flitter drum herum.
Sie: Wie meinst du das?
Er. Na ja, ich denke da an herbeigeschriebene Interpretations-Girlanden.
Sie: Was? Geht's etwas genauer?
Er: Klar doch. Wenn ich Kuratoren-Sätze lese wie «Evoziert Kindheitserinnerungen an vergilbte Tapeten, an den Geruch von warmer Milch, an die Farbigkeit von Butter.»
Sie: Das passt doch. Im Moment ist buttergelb eine Modefarbe.
Er: Kann sein. Zum Thema Vernissagereden hat übrigens David Lodge mal was dazu geschrieben. Warte, hier, hab's mir extra notiert. Moment, ich hab das gleich. Hier bitte: «Nichts könnte besser meine These veranschaulichen, dass ein Grossteil der zeitgenössischen Kunst nur durch ein aus Diskurs bestehendes gigantisches Stützgerüst gehalten wird, ohne das sie einfach in sich zusammenfallen würde und nicht mehr von Müll und Schrott zu unterscheiden wäre.»
Sie: Hat was für sich. Ist aber schon etwas grob?
Er: Mag sein. Jedenfalls liest man sowas nicht in unseren Zeitungen.
Ein warmes Wort für Müll und Schrott

Dass David Lodge mit seiner Diskurs-Stützgerüst-These zum Kern der Interpretations- Pobleme des Kunstschaffens vorgedrungen ist (Der Rest ist Exegese.), belegt ein Artikel in der kantonalen Hauspostille, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Sie können ihn gleich hier
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