Kritik

Wahlen im Kulturkanton:
Kritik auf Kommando

Begegnung im Grossverteiler, ein Kollege: «Ey, schreib doch wieder mal etwas Kritisches. Es darf auch satirisch sein. Brauch' was zum Lachen. Gibt ja sonst nichts zu lachen.» Also auf Kommando schreiben; und zwar subito? Geht nicht, jedenfalls nicht immer. Und schon gar nicht eine Kritik ohne konkreten Anlass.

Wie zum Exempel das Wörterhauchen, das Silbenflüstern sog. moderner Lyrik, wo Sensibelchens Notdurft als lyrisch zurechtgestauchte Prosa in schmalen Gedicht-Bändchen dem Lesekreis zugemutet wird.

Denken Sie jetzt nicht, dass ich mir in der Folge auf der Heimfahrt das Gehirn zermartert hätte, wie ich mich am giftigsten kritisch aufladen könnte. Mach' ich nie. Das bringt gar nichts. Dann schon eher die Zeitungslektüre im Kantonalblatt und gegenwärtig wieder einmal die erlesenen Inhalte der Wahlwerbung.

Ich wähle bloss mal einen Inserat-Höhepunkt, nämlich eine ganze Zeitungseite Bildchen mit Followern des Anchor-Man, die alle einen Kreuzanker entweder real oder einkopiert in den Händen, und so dann wohl auch fest zum halbgrünen Regierungsrats-Kandidaten halten.

Was allerdings die kreuzförmige Ankerform, ursprünglich als Sinnbild für den Tod Jesu Christi am Kreuz und als Hoffnung auf Auferstehung gedacht, was die mit dem Kandidaten zu tun hat, erschliesst sich nicht ohne weiteres.

Es sei denn, der Anker möchte Beständigkeit und Treue zu den umweltfreundlichen Wahlversprechen symbolisieren, vor allem aber die Auferstehung eines neuen Regierunsrates versinnbildlichen.

Oder aber müssen wir vermuten, dass wir hier nämlich einen Kandidaten wählen würden, der die Fahrt auf die offene See mit Sturmgefahr im politischen Haifischbecken wagt? Und das im Kanton der milden Grautöne? Etwas viel Symbolismus und ein artistisches Seestück, findet der Kollege von oben. Aber also bitte: Immerhin war der Mann schliesslich mal Matrose.

General zu den Wahlslogans nur noch dies: Weder «Mehr Wir. Weniger Ich. Mehr Mitte.» oder «Für einen sozialen Aargau.» noch «Mehr Freiheit. Mehr Sicherheit. Mehr Zukunft.» vermögen wirklich zu inspirieren. Sie sind was sie sind: Hohlformeln oder Nebelpetarden. Da hat jetzt einmal mehr Immanual Kant das letzte Wort:
«Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.»


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22. September 2025

Es stimmt schon, so eine treffsicher gezielte Verbalattacke macht ab und an schon sehr Spass. Aber bitte massvoll und human.
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