Querbeet
General-Anzeiger Brugg und Rundschau:
«Querbeet» vom 3. Oktober 2024
«Z»

Nein, nicht auf das Z des russischen Kriegstreibers und auch nicht auf die hyperflexible work-live-balancierende Generation Z sei hingewiesen, sondern auf ein Hochglanz-Magazin einer bedeutenden Schweizer Tageszeitung.
Das Blatt eröffnet uns als «DIE SUBSTANZ DES STILS» mit bewundernswert irrealen Bildern und raffinierten Texten eine Blendwerkwelt, die mit teuren Parfums und Uhren verführt und anpreist, was gegen Pigmentflecken hilft oder wie gesund Hefeflocken sind.
Kurz, eine makellos aufgebrezelte Serie von Miniaturen für Betuchte, jede Seite ein ästhetisches Hohelied, pure schicke Wonne, keine Mode für die Tonne. Man blättert glückselig darin und ist froh, sich das Meiste gar nicht leisten zu können, somit nicht in Versuchung zu geraten und dabei noch gutgelaunt zu bleiben.
Nein, jetzt nichts von Glamour, sondern etwas über die Z-Mannequins oder vielmehr ihre Foto-Shooting-Gesichter. Nur zwei deuten ein Lächeln an. Der Rest posiert mit frostigem Ernst, mit Frageblicken von tiefstem Weltschmerz und einer Mimik abweisender Hochnäsigkeit. Als Zugabe gibt’s dann noch einen blasierten Erling Haaland (Muss man den kennen?) mit geliert blondem Drahthaarschnitt.
Was nur haben die Fotografen den Mannequins da bloss eingebläut? «Schaut arrogant und distanziert in die Kamera? Aber vor allem, unter keinen, unter gar keinen Umständen, lächelt! Die Welt ist ein Jammertal für uns Erdenwaller im Staub. Verstanden?»
So guckt uns dann eine an, als hätte sie in eine Limette gebissen und danach einen Kanarienvogel verspeist. Eine andere sieht aus, als hätte jemand ihr Gucci-Täschchen geklaut und ihre Louis Vuitton-Sonnenbrille zerkratzt. Eine blickt in die Welt, als hätte ein Bekannter eine Flasche Château Pétrus auf ihr Poltrona-Sofa verschüttet und ihre Schmusekatze den Minotta-Fauteuil zerfetzt.
Und da ist noch eine, die uns tieftraurig aus der Wäsche anstaunt, als hätte sie soeben «Die Elenden» von Victor Hugo fertiggelesen. Und sie alle tun das kunstvoll verkrampft und depressiv melancholisch, als dächten sie verbittert an ihre Zwangsdiät.
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Kommentare (1)
Bin vollkommen des Schreibers Meinung. In der Mitte dieses Schicki-Micki-Magazins sind wenige hellrosa gefärbte Seiten eingefügt - meines Erachtens ein Grund, trotz allem Z in die Hand zu nehmen.