Querbeet

General-Anzeiger Brugg und Rundschau:
«Querbeet» vom 6. Juni 2024
«Spiritualität und Gesellschaft»

Spiritualität hat Konjunktur. Die Journale sind voll davon. Wie aber steht es mit meiner Spiritualität?

Rückfrage: Was das denn sein soll? Na ja, das was den Menschen geistig erhebe, Kultur, Kunst und Kuchenbacken. Ach das. Also das mit dem Überbau, dem dunstig Unfassbaren, dem neblig Transzendenten, eben das, was die Materie überlagere? Genau, wie es denn damit stehe, hakte man nach. Ich musste an Karl Marx denken. War’s das?

Ernsthaft: Was antwortet man da? Da stehe gar nichts? Ich vermute nämlich, dass meine geistige Entwicklung gegenläufig sei, dass sie vom Spirituellen weg, über das Virtuelle zum Reellen hin und nicht selten ins Profane münde. Das heisse: Alltag bewältigen, wenn’s geht, immer klug und höflich bleiben. Und vieles einfach als «Histoire des modes» überdauern.

Bei mir waren es das Geschrei der 68er, das Geflöte der Blumenkinder, das Gehämmer der Hardrock-Bands, Rapp-Punk-Stunk oder der European Song Contest. Die rauschten vorbei, wie die «Wilde Jagd» von Waldemars Mannen in Schönbergs Gurreliedern.

Ob ich denn keine spirituellen Sehnsüchte verspüre? Süchtig nach einer geistigen Heimat? Und nach der Gesellschaft Gleichgesinnter? Ja, manchmal schon. Aber dann die Rückfrage. Gibt es sowas? Mit den Clubs und Sozietäten sei es doch eine denkwürdige Sache, auch wenn sie mit noch so edlen und humanen Zielen ausstaffiert sind. Und dann diese Konformitätszwänge. Zudem könne man fünf streitbare Clubregeln diskutieren.

Anzahl Mitglieder gleich Anzahl Meinungen.
Ein paar Langweiler sind immer dabei.
Einer ist nie einverstanden.
Viele schwimmen flussabwärts mit.
Und ab und zu will einer alles majorisieren.

Daher empfiehlt sich knochentrockene Reflexion, bevor man sich in einen Club einreihen will. Seien es nun die Plastiksäcke-Sammler, die Brennnessel-Köchinnen, die Rehpinscher-Züchter oder die Freunde der Operette. Vor allem aber, wenn es eine Vereinigung ist, die sich eben dem erwähnten Spirituellem verschrieben hat. Und da meine ich jetzt nicht Spirituosen. Obschon, so ein Rye-Whisky.


Kommentare (1)

Ernst Bannwart am 06.06.2024 11:43

Lieber Valentin
Also man muss ja schon mal hochgradig inspiriert sein, um das überhaupt so auf den Punkt bringen zu können. Und nimmt man zu diesem Spirit noch das tägliche Ritual des kritischen Reflektierens dazu, ist die Spiritualität nolens-volens schon gegeben. Wobei Du - nur der Vollständigkeit halber - bei den Clubvorschlägen noch die chronischen Eisenbähnler vergessen hast.

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