Region Brugg
Maienzug und Rutenzug: Weg damit?
Oder: Eine Savonarola aus Aarau.

Mal rein hypothetisch: Jemand schriebe im Vorfeld des leider abgesagten Rutenzuges unter anderem mit fundamentalistischem Duktus und gender-zentrierter Manier dieses von Aarau nach Brugg transferierte Pamphlet. Was hiesse das?
Transponiertes Zitat
«Leben in Brugg: Volksfeste – neu rezeptiert! Einige Traditionen sind aus der Zeit gefallen. Als Neuzugezogene in eine Lokaltradition zu stolpern, ist meist irritierend und berührt peinlich. Das ist egal. Nicht egal ist, dass Traditionen oft ausschliessend, diskriminierend und stereotyp sind. So knöpfe ich mir den Rutenzug vor. Den mochte ich nie, früher wegen der Röckli und Chränzli. Noch heute ist mir die kollektive Fröhlichkeit unangenehm. So etwa der Behördenzobig. Das Bankett hat ausgedient. Es ist ein Stelldichein der Autochthonen. Ulkige Menschen mit vom Weisswein geröteten Nasen hauen auf den Putz. Und zwar so richtig. Es ist ihr Ding, für sie inszeniert.
Nun zum Dresscode. Dieser ist 2021 nicht mehr zu rechtfertigen. In die Mottenkiste damit. Aber subito. In heterosexueller, binärer Manier spaziert Bube in weissem Hemd, blauer Hose und Blumengesteck Hand in Hand mit dem Mädchen im jungfräulich weissen Kleidchen, Sträusschen und Blumenkränzchen wie ein Brautpärchen durch die Stadt: Jööö! So härzig! Schööön! Nein– ist es nicht. Diese Inszenierung katapultiert Vielfalt und Gleichstellung alljährlich wieder ins 19. Jahrhundert zurück. Weg damit. Sowieso: Das Programm fokussiert fast ausschliesslich das erwachsene Establishment. Eigentlich wollte ich Lösungen vorschlagen. Aber meine Kritik am Jugendfest ist zu fundamental. Das Fest darf neu gedacht werden. Total. Was für eine Chance!» Zitat Ende.
Kommentar
Bevor Sie mich nun des Wahnsinns bezichtigen, kurz dies. Den realen, sprachlich doch sehr unbeholfenen Leserbrief der Aarauer SP-Grossrätin Lelia Hunziker vom 11. Mai 2021 habe ich für Brugger Festbräuche umgeschrieben, somit vom Maienzug in den Rutenzug transferiert.
Dabei darf man erkennen: Es gibt bekanntlich vom Fischerkopf bis zum Hexenplatz verschiedene Arten von politischem Aktionismus und Suizid. Unter anderen jenen, den Festfreudigen ihren Jahreshöhepunkt mit fundamentalistigen, zu Totalitarismus neigenden Thesen des Genderirrsinns zu vergällen.
Zum Dresscode à la Hunziker kurz noch dies. 2022 werden Kinder, Erwachsene, der Festredner (generisches Maskulinum) und die wurstbegeisterten Behörden in gleichmacherischen grauen Overalls zum Jugendfest antreten. Die Festrede selber muss mindestens zwei Drittel Sätze und Thesen zum reglementierten Woke-Identitär-Neusprech und zwei Dutzend Genderismen enthalten. Und das Bruggerlied wird wegen diskriminierenden Wörtern wie Völkli, Meitli, Buebe, Hexeplatz und Kadetten gestrichen.
Nachtrag
Das Original des Leserbriefes von Frau Hunziker finden Sie, wenn Sie hier draufklicken.
Gender*Ei in Brugg

Dieses hat die SP-Fraktion mit einem Postulat gelegt, das eine gendergerechte Sprachregelung für alle Funktionen in Behörden und Verwaltung der Stadt Brugg intendiert. Dies, obschon sich ihre spachtheoretischen Grundlagen jederzeit widerlegen liessen.
Hat diese sprachpolizeiliche Massnahme nun wirklich Priorität in der politischen Agenda? Wären dann also die anschwellenden Baugesuche, generell Bau- und Verkehrs-projekte, Umikens Schulraum-erfordernisse, die Entwäs-serungsplanung (GEP) und das Regenbecken nur Sekundär-Firlefanz? Oder der Veloweg Schinznach-Bad, die Brücken-projekte, die Umsetzung der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) oder die Aufwertung der Hofstatt tertiärer Krempel? SP: QUO VADIS? Ins Königreich des Unwesentlichen?
Kommentar verfassen
Kommentare (1)
Lieber Valentin
Offenbar bist Du - nebst Thomas Hürlimann, Peter von Matt und (in Deutschland) Bernhard Lassahn - einer der seltenen Schriftsteller, die sich in ihrem Respekt vor der Sprache nicht durch den Gender-Irrsinn tyrannisieren lassen. Hut ab, denn Du bist der Anödereien sicher. Ich kenne sie, seit ich vor fast 30 Jahren, als sich die systematische ideologische Sprachzerstörung abzuzeichnen begann, im "Badener Tagblatt" (wo damals private Leute noch ganze Abhandlungen plazieren konnten) einen Aufsatz zu diesem Thema unter dem Titel "Wider die Abschaffung des allgemeinen Menschen in der deutschen Sprache" publizierte. Ich halte an meiner Sicht der Dinge fest. Siehe www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm .
Der französische Kultusminister hat kürzlich das schriftliche Gendern in den Staatsschulen Frankreichs verboten. Hast Du allenfalls in unserem Staatsfernsehen, das täglich sprachliebende Menschen tyrannisiert, oder in der AZ, die das munter nachäfft, gehört oder gelesen? Wenn ja, wäre das objektive Berichterstattung.