Kritik

General-Anzeiger Brugg und Rundschau
«Querbeet» vom 22. April 2021
Redewendungen

Erkennen Sie die Redewendung? Nein? Dann stimmt sie wohl für Sie. Und es ist offenbar nicht ganz falsch: Nach Redewendungen drehen wir schon gar nicht mehr den Kopf um, derart gewohnt sind wir sie, obwohl es sich lohnen kann, ihren Gehalt zu befragen. Ich hab's getan.

Wer sagt schon: «Das ist faktenbasiert evident.» Weit eher: «Das schleckt keine Geiss weg.» Die Redewendung ist beliebt, wenn auch nicht sehr originell, geschweige denn doppelbödig wie «Er ist auf den Hund gekommen.» Da denkt man vorab an Herrn Balthasar Baggenstos, der sich den Dackel «Putzli» angeschafft hat; und von dem er sich an der Leine an den Waldrand führen lässt, wo er die Hinterlassenschaften seines Vierbeiners auflesen muss. Gewiss eine Existenzform mit Sinngehalt.

Überhaupt Hunde. Sie sind eine Brockenstube für Redewendungen. Zum Beispiel «Da liegt der Hund begraben», was wir Herrn Baggenstos’ Putzli nicht wünschen wollen. Oder «Hunde die bellen, beissen nicht.» Mag sein. Aber wie eine Mozart-Sonate klingt das Gekläff auch nicht gerade. Und was ist, wenn sie aufhören zu bellen und zu knurren beginnen? Ist da «der Hund in der Pfanne verrückt geworden?»

Ähnliches wird auch der Verarmte denken, der sich überlegt, wie er «auf den Hund gekommen ist», will heissen, was ihn ins Elend getrieben hat; wofür eigentlich der Hund nichts dafür kann; auch dann nicht, wenn man mit einer Welpenzucht Konkurs gemacht hat.

Da wird eher die Erkenntnis akut: «Das Leben ist kein Sugus.» In Deutschland: «Das Leben ist keine Lakritze.» Trifft wohl auch für Banken und Industriebetriebe zu. Wie auf den Strassen gilt dort der denkwürdige Satz: «Der Schnellere ist der Geschwindere.»

Das glauben wir Schweizer allerdings spätestens dann nicht mehr, wenn wir «Deutschlandfunk» hören, wo so schnell gesprochen wird, dass niemand mehr sich erinnert, was die eben noch gesagt haben. Absicht? Da knurren wir dann schon auch mal ein urhelvetisches «Ach, blas mir doch in die Schuhe!» Bitte konkret vorstellen. Sie ziehen vor Herrn Baggenstos einen Halbschuh aus und bitten ihn hineinzublasen.

Übrigens, woher stammt die saloppe Redewendung? Angeblich aus dem Militär während des 1. Weltkrieges: Die begeisterten Soldaten mussten den Offizieren in die Stiefel blasen, um sie aufzuwärmen und in Form zu bringen. Bitte sagen Sie jetzt nicht, ich «lüge Sie brandschwarz an». Auch nicht giftgelb und knallrot. Aber Sie müssen zugeben, «es gibt nichts, was es nicht gibt.»


Kommentare (0)

Eurovision Song Contest 2024 oder
ESC: Evil-smelling Shit Contest

14. Mai 2024

Wer sich noch einen Rest von ästhetischer Kultur bewahrt hat, schaut und tut sich so etwas nicht an; und wenn doch, dann schnell weg. Es sei denn, er liebt Gruselkabinette, unmusikalischen Abfall und polypolares Gewäsch.
Weiterlesen

Wenn E-Mails nerven.

1. Mai 2024

Erhalten Sie auch E-Mails mit Phishing-Hinterhalten und selten blöden Lockstoff-Headlines?
Weiterlesen

Salärexzesse? Soziale Abszesse?

12. April 2024

Die Frage sei erlaubt im Zusammenhang mit den exzessiven zweistelligen Millionen-Salären der Kräm de la Kräm der Krämerseelen auf den Teppichetagen.
Weiterlesen