Kritik

Brauchen Sie Jesus?

27. Juni 2017
Wir leben bekanntlich in einer Verbraucher-Unkultur. Selbst in religiösen Sphären wird Ihnen gesagt, was Sie brauchen. Hier das Pamphlet dagegen.

Täglich werden Sie mit Terabytes an Werbebotschaften zugemüllt. Da wird Ihnen sehr rasch klar, was Sie nicht unbedingt brauchen: Ein Mountainbike mit Nachbrenner, Bio Ravioli verdura vegan, ein Blutdruck-Messgerät mit Alarmsirene, ein parfümiertes Smartphone, eine neue Partnerin (Gegenrecht: Partner) oder eine Matratze Marke PRESTIGE DREAM.

Auch spirituell wird Ihnen viel geboten. Magnetismus, Schamanismus und Irrationalismus. Pendeln, Channeling und Handlesen.

Oder Sie ändern die Wasserstruktur mit Mozart-Musik, legen Kristalle auf und vergnügen sich im Orgon-Akkumulator. Und wenn Ihnen das nicht hilft, steht Ihnen immer noch die Internationale Schule des Goldenen Rosenkreuzes offen.

Neuerdings werden auch auf Waldspaziergängen Ihre Bedürfnisse gegängelt. Ein Verbotsschild für Autos, Motorräder und Mofas und der Hinweis «Waldstrasse» lässt Sie noch nicht erstarren. Ist rational nachvollziehbar. Aber dass «Sie Jesus brauchen», das jetzt schon.

Fürchtet man, dass Sie im Wald unter die Räuber fallen? Dass Sie sich verlaufen? Dass Sie Tollkirschen vernaschen? Dass Sie dem Gottseibeiuns begegnen? 

Jetzt mal Tacheles! Woher wollen die wissen, dass Sie Jesus brauchen? Sie kennen den doch gar nicht. Nie begegnet, weder in Kirchen noch in der Natur. Wie bitte? Das sei eine Sache des Glaubens. Ja dann. Entschuldigen Sie. Kommen Sie, wir öffnen eine Flasche Roten aus echten Reben und nicht wie in Kana aus wundersam verwandeltem Wasser.

Kommentare (1)

Dr. Fritz Kamer am 29.06.2017 10:52

Natürlich brauchen nicht alle Jesus, aber einige (viele, die Mehrheit?), um wieder einmal inne zu werden, dass z.B. Verzicht auf Gewaltanwendung (physisch und psychisch) das menschliche Zusammeneben enorm erleichterte. (Das letzte Wort steht im Konjunktivus irrealis. Das muss man heute betonen, da das würdelose "würde" Standard geworden ist.).

KUNST?

19. März 2024

Also, das ist jetzt so. Ich war zur Vernissage geladen. Zwei Künstlerinnen zeigen Installationen. Doch allein schon dieses Wort installiert in mir Vorbehalte.
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